Hundts Eristik hört nicht auf

Samstag, 25. Mai 2013 - 08:32

Bildunterschrift in http://www.suedkurier.de/nachrichten/wirtschaft/themensk/8222-Ich-warne-vor-gesetzlichen-Quoten-8220;art410950,6077101

Wirtschaftsredakteurin Julia Kipping im Gespräch mit Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt.
Bild: BDA

Sehr effizient: Die BDA ist so freundlich, zum Interview auch noch die Fotos zu machen. Das erleichtert dem Südkurier sicherlich die Arbeit.

 
http://www.bda-online.de/www/arbeitgeber.nsf/id/de_interview-dh-im-suedkurier

[...] Sie [Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt] haben sich zuletzt auch mit psychischen Erkrankungen in der Arbeitswelt auseinandergesetzt. Wie ernst nehmen die Arbeitgeber das Problem?

Die Arbeitgeber nehmen dieses Thema sehr ernst. Ich warne aber dringend vor einer polemischen und nicht wissenschaftlich fundierten Diskussion. In den laufenden Debatten stelle ich fest, wie unterschiedlich Zahlen und Fakten interpretiert werden. Wir brauchen eine verlässliche Basis, um nicht aneinander vorbeizureden. Ich beklage, dass insbesondere von Gewerkschaftsseite und auch von einigen Parteien teilweise polemisch argumentiert wird, was in der Sache nicht hilfreich ist. Studien zeigen, dass Arbeit nie die alleinige Ursache für psychische Störungen ist. Ich behaupte sogar, sie ist es nur in ganz geringem Umfang. Untersuchungen belegen im Gegenteil die bessere psychische Gesundheit von Erwerbstätigen im Vergleich mit Nicht-Berufstätigen.

Wenn die Belastungen nicht nur von der Arbeit kommen, woher kommen sie dann? Ist es vielleicht auch die ständige Erreichbarkeit, das immer schnellere Leben?

Die Informationsflut, der wir den ganzen Tag ausgesetzt sind, kann eine Rolle spielen. Selbstverständlich können psychische Störungen durch die Arbeit zusätzlich verstärkt werden. Aber in der öffentlichen Diskussion wird bedauerlicherweise immer wieder der Eindruck erweckt, Arbeit sei der Hauptgrund. Ich bin davon überzeugt, dass das Gegenteil der Fall ist: Arbeit schafft in aller Regel Anerkennung und Selbstbestätigung. Eine Verunglimpfung von Arbeit erzeugt in der Gesellschaft falsche Vorstellungen. [...]

(Link nachträglich eingefügt)

Wieder ein Beispiel für Hundts unredliche Rhetorik: Dieser Vertreter der Arbeitgeber verfälscht die Argumente seiner Gegner und kritisiert sie dann. Die Befürworter härterer Vorschriften zum Einbezug mentaler Arbeitsbelastung* in den Arbeitsschutz behaupten doch überhaupt nicht, dass Arbeit die alleinige Ursache für psychische Störungen sei. Hundt beklagt falsche Darstellungen, dabei strengt sich die große Mehrheit der Arbeitgeber seit 1996 kräftig an, mentale Arbeitsbelastungen in ihren Betrieben gar nicht erst zu erfassen. Sie sind einfach nicht daran interessiert, dass die Situation in den Betrieben so sachlich und faktenbasiert diskutiert werden kann, wie Dieter Hundt das zu wünschen vorgibt.

Noch ein Trick: “Selbstverständlich können psychische Störungen durch die Arbeit zusätzlich verstärkt werden.” Mit diesem Satz wird der Eindruck vermittelt, dass es um eine Verstärkung bereits vorhandener “psychischer Störungen” geht. Der Arbeitsschutz hat aber schon dem Entstehen arbeitsbedingter psychischer Erkrankungen vorzubeugen, insbesondere durch eine auditierbare und mitbestimmte Beurteilung der Arbeitsbedingungen. Diese jetzt schon geltende Pflicht zum Einbezug mentaler Arbeitsbelastunen (bzw. psychischer Belastungen) wird demnächst noch einmal ganz konkret in das Arbeitsschutzgesetz geschrieben, denn ohne klare Vorschriften lässt sich die Mehrheit der Arbeitgeber anscheinend nicht zu einem ernsthaften Einbezug mentaler Arbeitsbelastungen in den Arbeitsschutz bewegen.

Dieter Hundt verwendet seine Rhetorik nicht erst seit heute. Im fehlen einfach vernünftige Argumente.

* “Mental Workload” in der Norm ISO 10075 wurde in der deutschen Norm etwas unglücklich mit “psychische Belastung” übersetzt.


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