Chance in B5aktuell verpasst

Samstag, 20. April 2013 - 23:32

Im Samstagsforum (http://www.br.de/radio/b5-aktuell/sendungen/samstagsforum/samstagsforum108.html) von B5aktuell (Bayerischer Rundfunk) stellte der BR-Nachrichten-Redakteur Daniel Pokraka heute die Frage:

Schlechte Stimmung am Arbeitsplatz – was tun?

Termindruck, Konkurrenzkampf und schlechte Laune – jeder zweite Deutsche empfindet seinen Berufsalltag als hektisch und verbissen. Was kann ich gegen schlechte Stimmung am Arbeitsplatz tun? Wie gehe ich mit schwierigen Chefs und Kollegen um? Wer hilft mir, wenn alles zu viel wird? Antworten auf diese Fragen gibt Dominik Hammer, Arbeitspsychologe beim TÜV Süd in München. Das Samstagsforum. Um 11:20 Uhr und um 13:20 Uhr auf B5 aktuell.

 
Dominik Hammer antwortete, dass es eine Stresszunahme durch rasant zunehmende Arbeitsverdichtung mit den neuen Medien ab 1998 gebe. “Da gab’s dann Handy, Email; da kam richtig diese Tsunami.” Verdichtung ist, wenn man anfängt, Dinge gleichzeitig zu tun. Das führt zur Überforderung. Und Überforderung führt zu Stress. Hammer schließt sein Outlook, wenn er nicht unterbrochen werden will und arbeitet linear, “weil das Multitaskink, das Simultane eben nicht hinhaut.”
        Wenn man nicht mehr weiterkommt, dann gibt es die Überlastungsanzeige an den Vorgesetzten. Viele tun das nicht, obwohl sie es tun sollten, weil sie Angst haben. Im Prinzip läge es irgendwann in der Verantwortung des des Mitarbeiters, “Stop” zu sagen. Man müsse in das gespräch mit dem Vorgesetzten gehen.
        Man kann sich auch außerhalb fachliche Hilfe holen. Zunächst sind Betriebsärzte Ansprechpartner und Arbeitspsychologen. Je nach Schweregrad kann man in eine Praxis gehen. Wenn es schon körperliche Symptome gibt, dann sollte man iunbedingt zum Arzt gehen.
        Das kurze Interview konzentrierte sich zwar in der für viele Journalisten leichter zu handhabbaren Weise auf das Verhalten der von psychischer Fehlbelastung Betroffenen, aber Hammer stellte auch klar: “Manchmal sind die Verhältnisse so, dass man bei aller Verhaltensschulung und bei allen Möglichkeiten trotzdem nicht ‘rauskommt. Dann muss man an den Verhältnissen ansetzen, am Thema Arbeitsorganisation, Abläufe, flexible Arbeitszeit.”
        BR-Nachrichten-Redakteur Daniel Pokraka fragte dann noch, was passiert, “wenn man sagen muss, ich hab’ alles versucht, ich hab’ probiert Arbeitsabläufe zu verändern, ich hab versucht, meine Kollegen irgendwie zu ändern, ich hab’auch versucht, mich selber zu ändern…” Dominik Hammer empfiehlt, mit dem Arzt zu entscheiden, wie es weitergeht.

Der Tenor des Interviews ist leider, dass immer noch die einzelnen Arbeitnehmer den Schwarzen Peter haben. Schade, dass Dominik Hammer nicht darauf hinwies, dass die Verantwortung für die Veränderung von Arbeitsabläufen zu Minderung psychischer Fehlbelastungen beim Arbeitgeber liegt. Dazu hatte ich in arbeitundgesundheit.de noch etwas Passendes gefunden (http://blog.psybel.de/gefaehrdungsbeurteilung-als-lohnendes-betaetigungsfeld-fuer-arbeitnehmervertretungen/):

[...]
Gesundheitsschutz: Besser mit System als von Beschwerde zu Beschwerde

Betriebs und Personalräte kennen es nur zu gut: Kollegen klagen über Probleme am Arbeitsplatz, zum Beispiel über Unzufriedenheit mit dem Verhalten des Vorgesetzten, möchten aber aus Unsicherheit und Angst heraus nicht, dass der Betriebs- oder Personalrat tätig wird. Und die Arbeitgeberseite? Welcher Betriebs- oder Personalrat kennt das nicht? »Nennen Sie mir Ross und Reiter, ansonsten sehe ich keinen Handlungsbedarf«.
[...]

Von einem Nachrichtenredakteur erwarte ich schon gar nicht mehr, dass er daran denkt und sich sich mit den Mängeln im Arbeitsschutz auskennt. Aber gerade ein Arbeitsspychologe des TÜV hätte auch in den knappen neun Minuten des Interviews auf die Rolle der Arbeitnehmervertretungen und die Pflichten der Arbeitgeber hinweisen können. Denn natürlich sind hier auch die Personal- und Betriebsräte wichtige Ansprechpartner für von mit psychischen Fehlbelastungen bedrängte Mitarbeiter. Hammer hat hier eine Chance zur Aufklärung der Öffentlichkeit über die Mängel im Arbeitsschutz und über die Pflichten der (oft noch nicht ausreichend kompetenten) Arbeitnehmervertretungen verpasst.

Podcast (Stand 2013-04-21): http://cdn-storage.br.de/mir-live/MUJIuUOVBwQIb71S/iw11MXTPbXPS/_2rc_H1S/_-9S/_Avp_Ak6/130420_1120_Samstagsforum_Schlechte-Stimmung-am-Arbeitsplatz—was-tu.mp3 (aufgerufen über http://www.br-online.de/podcast/mp3-download/b5aktuell/mp3-download-podcast-samstagsforum.shtml#)


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