Haftung für psychische Verletzungen

Donnerstag, 31. Januar 2013 - 07:06


http://diepresse.com/home/recht/rechtallgemein/1339019/Neue-Pflicht-zur-Praevention

Neue Pflicht zur Prävention

30.01.2013 | 18:13 | von Katharina Braun (Die Presse)

Arbeitnehmerschutz. Dienstgeber müssen künftig mehr auf die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter achten. von Katharina Braun …

Tatsächlich gehen die Anfang des Jahres umgesetzten Änderungen des österreischen Arbeitnehmerschutzgesetzes weiter, als die anstehenden Klarstellungen im deutschen Arbeitsschutzgesetz. Aber auch in Österreich hatten die Arbeitgeber psychische Belastungen schon vorher in den Arbeitsschutz einzubeziehen. Der Vorteil der österreichischen Nachbesserungen gegenüber den deutschen Klarstellungen: In Österreich ist durch konkrete Vorgaben zur Umsetzung der Vorschrift die Überprüfbarkeit der Vorschriftenbefolgung einfacher geworden.

Auch Folgendes wird nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland festgestellt werden können:

… Anwälte orten einen erhöhten Beratungsbedarf im Zusammenhang mit psychischen Belastungen in der Arbeitswelt …

Deutschland gehört zu der Art von Ländern, in denen Arbeitgeber ungestraft gegen Arbeitsschutzbestimmungen verstoßen dürfen. Die große Mehrheit der Unternehmen tut das dann auch, und zwar (angesichts des inzwischen vorhandenen Wissens) vorsätzlich. Wenn manche Unternehmen psychische Fehlbelastungen vermindern, dann geschieht das nicht basierend auf einer Gefährdungsbeurteilung, sondern gerade zur Vermeidung einer Gefährdungsbeurteilung. Dass das eine Missachtung von Vorschriften (und ggf. von Selbstverpflichtungen z.B. nach OHSAS 18001) ist, stört die Gewerbeaufsicht nicht.

Unternehmen verstoßen gegen ihre Pflichten wohl auch, weil Gefährdungsbeurteilungen Haftungsgründe dokumentieren könnten. Da kann es für Unternehmen kostengünstiger sein, einfach das Gesetz zu missachten. In der Diskussion um die Hemmnisse, ernsthaft psychische Belastungen in Gefährdungsbeurteilungen zu evaluieren, wird in den Medien das Thema “Haftung” bzw. “Entschädigung” erstaunlich selten thematisiert. In Österreich spricht Die Presse das Thema an:

… Rechtsanwältin Ulrike Kargl weist außerdem darauf hin, dass Leiharbeiter diesbezüglich jetzt ebenfalls gleiche Rechte wie die Stammbelegschaft haben: „Bei erlittenen persönlichen Beeinträchtigungen kann man laut Gesetz eine Entschädigung fordern. Bisher konnte das einfach dadurch umgangen werden, dass die Überlassung beendet und das Dienstverhältnis anschließend vom Überlasser gekündigt wurde.“

Die derzeit vorgesehenen Änderungen im deutschen Arbeitsschutzgesetz stellen nur Pflichten klar, die auch bisher schon bestanden. Die Durchsetzbarkeit des Arbeitsschutzgesetzes verbessert sich dadurch also nicht. Unter Anderem mangels ausreichender Kontrolle durch die Gewerbeaufsicht können geschädigte Arbeitnehmer auch weiterhin nur mit großen und kräftezehrenden Anstrengungen nachweisen, dass ihr Arbeitgeber die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes ignoriert. Darum ist die “Anti-Stress-Verordnung” wohl nicht vermeidbar. Vielleicht werden auch Verbesserungen im Betriebsverfassungsgesetz durchsetzbar sein, aber es reicht nicht, die Betriebsräte zu stärken, sondern im Arbeitsschutz muss in den Betriebsräten ein besseres Wissen um psychische Belastungen aufgebaut werden.


Kommentare sind geschlossen.