Konkrete Handlungsleitfäden für Unternehmen

Mittwoch, 23. Januar 2013 - 08:43

http://www.idw-online.de/de/news515900

Pressemitteilung
Besserer psychischer Arbeitsschutz braucht konkrete Handlungsleitfäden für die Unternehmen

Susanne Janicke
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Stiftung Deutsche Depressionshilfe
22.01.2013 11:32
Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender Stiftung Deutsche Depressionshilfe
Leipzig, 22. Januar 2013 – Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe begrüßt die Pläne von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen für eine Initiative zum besseren psychischen Arbeitsschutz. Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, schätzt dabei konkrete Handlungsleitfäden für Unternehmen als wirkungsvoller ein als weitere gesetzliche Regelungen. Vorbildcharakter könnten die Leitfäden für Alkoholerkrankungen am Arbeitsplatz haben. …

Die Leitfäden gibt es längst. Leitfäden für Alkoholerkrankungen am Arbeitsplatz müssten ziemlich verändert werden, um der arbeitsplatzbezogenen Verhältnisprävention gerecht zu werden, wie sie im Arbeitsschutz gefordert wird. Wenn die Statistik stimmt, werden Arbeitgeber eher durch andere Faktoren motiviert.

… Ende 2012 wurden die Begriffe „psychische Belastungen“ und „psychische Gesundheit“ ins Arbeitsschutzgesetz aufgenommen – womit zugleich eine Vorsorgepflicht der Arbeitgeber verbunden ist. …

Vielleicht habe ich da etwas verpasst? Nach meinem Kenntnisstand war das bisher nur ein Beschluss der Koalition (2012-12-19), der erst noch durch den Gesetzgebungsprozess gehen muss. Irgendwann werden die Änderungen dann z.B bei buzer.de auftauchen.

… Darüber hinaus gibt der Vorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe zu bedenken: „Unter dem Begriff „psychische Erkrankung“ werden verschiedene Krankheiten wie z.B. Angststörungen, Zwangsstörungen, unipolare Depressionen, bipolare affektive Störungen, Schizophrenie, Alzheimer Demenz und Suchterkrankungen gefasst. Alle diese Erkrankungen unterscheiden sich sehr deutlich hinsichtlich Verursachung, Prävention und Therapie, sodass generelle Aussagen zu psychischer Gesundheit ganz allgemein schwierig sind. Deshalb ist eine Fokussierung der betrieblichen gesundheitsfördernden Maßnahmen zunächst auf die häufigste und wichtigste psychische Erkrankung Depression zu empfehlen. Hauptziel muss es sein, den Betroffenen rasch professionelle Hilfe zukommen zu lassen und durch Information und Aufklärung der Personalverantwortlichen dazu beizutragen, dass Missverständnisse im Umgang mit der Erkrankung Depression vermieden werden.“

Ulrich Hegerls Fokus liegt wohl berufsbedingt auf bereits psychisch Erkrankten. Daher kommt wohl auch die Idee, sich an die Leitfäden für Alkoholerkrankte anzulehnen. Der Umgang mit bereits aufgetretenen Erkrankungen (Depression, Alkoholismus usw.) ist zwar ein wichtiges Thema, aber der Schwerpunkt des Arbeits- und Gesundheitsschutzes liegt auf der Verhältnisprävention zur Vermeidung arbeitsbedingter psychischer Erkrankungen. Sind vermeidbare Erkrankungen aufgetreten, dann ist es das der Sicht des Arbeitsschutzes bereits zu spät. Auch geht es um die vorgeschriebenen Maßnahmen des Gesundheitsschutzes und nicht um die freiwilligen “betrieblichen gesundheitsfördernden Maßnahmen”. Ohne Arbeits- und Gesundheitsschutz macht Gesundheitsförderung keinen Sinn.

Ein besserer psychischer Arbeitsschutz der Unternehmen braucht keine konkreten Handlungsleitfäden, die beim Umgang mit Erkrankten helfen. Ein besserer psychischer Arbeitsschutz braucht endlich die Umsetzung konkreter Handlungsleitfäden, die bei der Verhältnisprävention helfen.

Therapierende Psychologen und Psychater haben ihren Fokus auf dem Umgang mit psychischen Erkrankungen. In den Betrieben reicht dagegen oft schon die Praxis guter Führung und guten Managements, um arbeitsbedingte psychische Erkrankungen zu vermeiden. Ein Beispiel für arbeitsbedingte psychische Fehlbelastungen sind zum Vorzeigen gemachte Managementsysteme, bei denen nur durch Mogeleien der Anschein gewahrt werden kann, dass sie funktionieren. Solche Mogeleien sind sehr anstrengend und kosten sehr viel Zeit. Jede Lüge erfordert eine neue Lüge zur Begründung. Ein weiteres Beispiel für psychische Fehlbelastungen sind ungeschriebene Verbote, bei Planungen von Projekten usw. auch die Risiken klar zu benennen (Stichwort “Bedenkenträger”). Ein drittes Beispiel für eine Quelle psychischer Fehlbelastungen sind unrealistische Aufgabenbeschreibungen, schlampige Ressourcenplanungen und unehrliche Statusbeschreibungen. Und so weiter. Hier wäre der erste Schritt zu guter Führung und einem ehrlichen Management, wirklich das umzusetzen, was in Prozessbeschreibungen und den dazu gehörigen Handlungsleitfäden definiert wurde. Solche Planungen können flexibel bleiben, wenn dabei eventuell notwendige Änderungen zusammen mit den dazugehörigen Voraussetzungen und Risiken ehrlich angesprochen werden dürfen.

Ein anständiges Management und eine wahrhaftige Führung sind der beste Arbeitsschutz. Man kann das zwar nicht durch Vorschriften erzwingen, aber man kann integere Führungskräfte mit guten Vorschriften vor einem rücksichtslosem Karriere-Wettbewerb schützen, in dem im Bereich der Arbeitszeit und des Arbeitsschutzes auch vor Ordnungswidrigkeiten und Straftaten nicht zurückgescheut wird. Ein wirksames Arbeitsschutzgesetz bevormundet Führungskräfte nicht, sondern es bietet ihnen einige Hebel, mit denen sie, ohne sich dabei selbst zu gefährden, für ihre Mitarbeiter einen glaubwürdigen Arbeitsschutz durchsetzen können.

Siehe auch: http://www.facebook.com/HumanCapitalCare/posts/323710807739289


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