Getrübter Blick bei der WiWo

Mittwoch, 30. Mai 2012 - 22:05

http://mobil.wiwo.de/;mtpg=5/erfolg_prio/6668030

Bürokrankheit Burn-out
Schwieriger Umgang mit dem B-Wort
Psychische Erkrankungen von Mitarbeitern nehmen zu und verringern die Produktivität. Wie Unternehmen Burn-out vorbeugen und nachsorgen. …

… Fällt ein Mitarbeiter etwa durch Unkonzentriertheit, Leistungsabfall bei extremen Arbeitszeiten oder durch sozialen Rückzug auf, sollten Vorgesetzte ihre Beobachtung aussprechen. Allerdings ohne eine Diagnose zu stellen. Denn was eine zeitweilige Erschöpfung nach hoher Arbeitsbelastung oder eine lebensbedrohliche Depression ist, vermag der Laie nicht zu unterscheiden. Deshalb gilt es, die Betroffenen rasch an professionelle Dritte zu verweisen. …

… Der Blick auf die Eigenverantwortung ist bei psychischen Erkrankungen häufig getrübt. “Da wird die Zuständigkeit für die eigene Gesundheit an den Chef oder den Betriebsarzt delegiert”, sagt Rolf Arera, der die Abteilung Gesundheitsschutz beim Versicherer Ergo leitet.

Hilfe zur Selbsthilfe ist gefragt. Betroffene dabei unterstützen, die Kontrolle über ihr Leben zurückzugewinnen, umfasst nach längerer Krankheit eine sensible, aber rechtzeitige Wiedereingliederung. Je länger die Abwesenheit, desto weniger trauen sich die Mitarbeiter zu. …

Die beiden Absätze stehen stellvertretend für den Stil des Artikels. Was die Wirtschaftswoche hier schreibt, ist ja nicht direkt unwahr. Aber durch das Ausblenden von Fakten werden die Leser desinformiert. Einer dieser Fakten ist: Unternehmer, die Mitarbeiter gerne zu mehr Eigenverantwortung ermahnen, werden oft wissentlich ihren eigenen Verantwortungen im Arbeitsschutz nicht gerecht.

Kritik an Mitarbeitern mit psychischen Erkrankungen wird in dem Wochenblatt aber gerne Raum gegeben. Der Blick auf die Verfehlungen der Arbeitgeber bleiben getrübt. Dabei weiß die WiWo sogar von unserer Bundesarbeitsministerin, dass etwa zwei Drittel der Unternehmen entgegen den Vorschriften psychische Belastungen nicht in den Arbeitsschutz mit einbeziehen. Das Weglassen dieser Fakten kann kein Versehen mehr sein. Dann auch noch von Mitarbeitern mehr Eigenverantwortung zu fordern, ist Chuzpe vom Feinsten. Wie ich mit früheren Beispielen zeigte, strengt sich die WiWo sogar richtig an, diese Fakten auszublenden.

Wie wird bei denen selbst in der Redaktion mit dem Thema der psychischen Belastungen umgegangen, wenn sie so wenig davon verstehen. Wie sehen dann die vorgeschriebenen Schulungen aus? Wie wird an den Arbeitsplätzen der WiWo der §3 der Bildschirmarbeitsverordnung umgesetzt?


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