Great Place to Work® nicht so great

Montag, 16. Januar 2012 - 06:19

http://www.greatplacetowork.de/best/kultur-audit.php

Great Place to Work® Kultur Audit© 

Das Great Place to Work® Kultur Audit© ist ein Fragebogen an das Management. Er dient dazu einen besseren Einblick in die Gesamtkultur der Organisation zu bekommen und die Maßnahmen und Konzepte im Personal- und Führungsbereich zu erfassen. Wir stellen dieses Instrument nur teilnehmenden Unternehmen zur Verfügung. Die folgenden Informationen geben Ihnen jedoch schon einen Eindruck von der Art der Befragung:

Das Kultur Audit©:

Das Instrument gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil des Kultur Audits© erheben wir z. B. Daten zur Demografie der Mitarbeiter (d. h. die Zahl der Mitarbeiter im Land, Personalfluktuation, ethnische Verteilung, Betriebszugehörigkeit, etc.). Zudem geht es um allgemeine Informationen zum Unternehmen (d. h. Gründungsjahr, Umsatz) wie auch um Sonderleistungen und freiwillige Sozialleistungen für die Mitarbeiter (z. B. Zahlung von Versicherungsbeiträgen für die Mitarbeiter, Zahl der Urlaubstage, Sport- und Gesundheitsangebote).

Im zweiten Teil des Kultur Audits© stellen wir offene Fragen, die dem Unternehmen die Möglichkeit geben, uns die relevanten Aspekte der Unternehmenskultur zu vermitteln. Die Fragen im zweiten Teil beziehen sich auf das Great Place to Work® Modell©, das hier im Mittelpunkt der Bewertung steht.

Da stehen so viele ®s und ©s drin, dass ich zum Zitat noch etwas sagen muss: Mit seinen Angeboten arbeitet Great Place to Work® an uns Alle betreffenden Unternehmenskulturen. Das beeinflusst unsere Arbeitswelt, und darum muss sich das Unternehmen zur Auseinandersetzungen mit seiner Arbeit zitieren lassen. Ich nehme einmal an, dass es nicht versuchen wird, sich (wie z.B. Scientology) mit Hilfe des Urheberrechts dem Diskurs zu entziehen. (Fragen beantwortet das Unternehmen allerdings schon nicht sehr aktiv.)

Beim Trust Index© werden Mitarbeiter befragt, beim Kultur Audit© das Management. Hier gibt es nun eine Schwäche: Unternehmensmanagements können bei der Bekanntgabe der Ergebnisse der Audits von Great Place to Work® auf die von ihnen nicht beeinflussbaren Antworten der Mitarbeiter hinweisen. Den Standardfragen können sie auch eigene Fragen hinzufügen. Wenn die Antworten schlecht ausfallen, kann Great Place to Work® sowohl bei der Auswertung der Befragung der Mitarbeiter wie auch nach der Selbstdarstellung des Managements im Kultur Audit© dem Unternehmen die Interpretationshilfe geben, dass die Mitarbeiter das Unternehmen schlechter bewerten, als es tatsächlich ist. Arbeitgeber wehren sich gegen Arbeitnehmervertretungen, wenn diese die Mitarbeiter angeblich “bevormunden”, scheuen sich aber selbst nicht, Meinungsäußerungen von Mitarbeitern in Frage zu stellen.

Interessant ist auch, dass einige Indikatoren für eine vorschriftsmäßige Befolgung der Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes zwar ganz einfach überprüft werden können (z.B. nach § 3 der Bildschirmarbeitsverordnung), aber Great Place to Work® es anscheinend vorzieht, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen, zumindest nicht proaktiv. Das ist bedenklich, weil die Art der Umsetzung der Arbeitsschutzvorschriften sehr gut zeigt, welche Einstellung ein Unternehmen zu seinen Pflichten tatsächlich hat. Dass Great Place to Work® hier mit wenig Aufwand konkretes Handeln bewerten könnte, es aber nicht tut, trägt nicht zur Glaubwürdigkeit der Audits des Unternehmens bei.

Sieben von zehn Unternehmen lassen das Thema der psychischen Belastungen schleifen – meist aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit.” Aber ausgerechnet hier sieht Great Place to Work® nicht kritisch genug hin, obwohl gerade Great Place to Work® schon mit seinen beiden Audits viel mehr gegen diese (von Ursula von der Leyen diplomatisch angenommene) Unwissenheit und Hilflosigkeit tun könnte. Wenn Great Place to Work® daran interessiert wäre, dann ginge das mit ganz wenigen Fragen auch ohne einen zusätzlichen Wettbewerb um den Sonderpreis Gesundheit.

Angesichts der Zurückhaltung von Great Place to Work® bei einfachen Beobachtungsmöglichkeiten im Arbeitsschutz sollten sich Betriebs- oder Personlalräte die Ergebnisse der Audits, mit denen der Arbeitgeber wirbt, von den Auditoren direkt im Gremium der Arbeitnehmervertretung erläutern lassen und dann offene Fragen mit den Auditoren klären. Die Initiative dazu sollte von Great Place to Work® ausgehen.

Suchmaschinenfutter: GPTW Kritik, Great Place to Work Kritik

Update (2017-03): http://www.greatplacetowork.de/unsere-leistungen/kultur-audit


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