Wenn Hitler oder Jesus nicht mehr helfen

Freitag, 13. Januar 2012 - 19:04

“Zur Not halfen immer Hitler oder Jesus …” als Heilmittel gegen sinkende Auflagen, so die Einleitung eines Artikels in der Süddeutsche Zeitung vom 13.1. (S. 15)zur Burn-out-Thematisierung in den Medien. Eine Nummer kleiner geht’s wohl nicht, wenn Werner Bartens auch etwas zum Burn-out schreibt: “Burn-out als Wunderwaffe: Wie eine Modediagnose die Auflage der Magazine schöner macht“. Zur Mode gehören dann auch Leute, die Übertreibungen mit Übertreibungen kritisieren, zur Pflege der Auflage der SZ gerne auch mit Hitler oder Jesus als origineller Einleitung.

Bartens meint, Burn-out sei ein so schickes Thema, weil die “Modediagnose” die Ursachen für eine Depression der Überarbeitung und der Umgebung des Betroffenen zuweise. Dass Bartens von dem Thema nicht so viel versteht, sieht man daran, dass ihm eine wesentliche Gemeinsamkeit der Thematisierung des Burn-outs in Magazinen nicht auffällt: Dort dominieren Ratschläge zur persönlichen Verhaltensprävention. Die Magazine empfehlen also überwiegend individuelle Verhaltensanpassungen. Der in den Unternehmen bis heute kaum umgesetzte Arbeitsschutz interessiert in den von Bartels genannten Magazinen nicht. Sie machen es sich so leicht, wie Bartens selbst und unterschlagen die Weigerung der Mehrheit der Arbeitgeber, die seit 1996 geltenden Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes auch im Bereich der psychisch wirksamen Beklastungen zu beachten. In diesen Regeln stellen nicht die Medien, sondern der Gesetzgeber die Verhältnisprävention über die Verhaltensprävention.

Ist es sowohl für die von Werner Bartens genannten Magazine wie auch für Bartens selbst schon zu realitätsfremd, die jahrelange Missachtung von Schutzgesetzen zu kritisieren? Sind die Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes zu langweilig, um auch damit die Seiten der Magazine und der SZ schöner machen zu können?

Im Arbeitsschutz geht es nicht darum, Arbeitgeber zum Sündenbock zu machen. Sondern es geht unter Anderem darum, Unternehmen erst einmal dazu zu bewegen, psychische Belastungen (ein neutraler Begriff) überhaupt zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft zu bewerten. Weil es aber Einstellungen wie die von Werner Bartens gibt, ist hierbei Aufsicht nötig: Dr. med. Werner Bartens ist Leitender Redakteur im Wissenschaftsressort der Süddeutschen Zeitung. Er hat vermutlich Führungsverantwortung. Es wird vielleicht Zeit, dass etwas genauer überprüft wird, wie in seinem Verantwortungsbereich das Arbeitsschutzgesetz und die Bildschirmarbeitsverordnung umgesetzt werden.

Siehe auch zur Bereicherung der Seiten der SZ: http://quiz.sueddeutsche.de/quiz/2081640121-stress-test


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