Leitfaden zum Umgang mit psychisch beanspruchten Mitarbeitern

Mittwoch, 3. August 2011 - 23:59

2012-07-09:
Neuer Link: http://www.inqa.de/DE/Informieren-Themen/Gesundheit/Meldungen/2011/2011-08-03-leitfaden-zum-umgang-mit-psychisch-belasteten-mitarbeitern.html

Veröffentlichungen von arbeitgebernahen Organisationen sind immer sehr interessant für Betriebs- und Personalräte. Irgendwie hat der Leitfaden es in die INQA geschafft, aber Herausgeber ist die Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V., Düsseldorf, also die Arbeitgeberseite. Darum achten Arbeitnehmervertreter darauf, wie weit mit den Ratschlägen an Führungskräften in die Persönlichkeit individueller Mitarbeiter eingedrungen wird.

(Auf der INQA Seite wird auch auf die Serie “Kein Stress mit dem Stress” hingewiesen, der Herausgeber ist aber psyGA.)

Sie können auch gleich zur DGFP surfen: http://www.dgfp.de/wissen/praxispapiere/mit-psychisch-beanspruchten-mitarbeitern-umgehen-ein-leitfaden-fuer-fuehrungskraefte-und-personalmanager-1556

… denn Mitarbeiter mit psychischen Problemen büßen ihre Leistungsfähigkeit ein. Sie sind nicht in der Lage, die Kräfte zu mobilisieren, die sie zur Bewältigung schwieriger Unternehmenssituationen benötigen.

Die Konsequenzen einer psychisch belasteten Belegschaft für die Arbeitgeberattraktivität sind nicht zu unterschätzen. Bewerber und psychisch stabile Mitarbeiter bringen sich lieber bei einem Arbeitgeber ein, der Work-Life-Balance-Aspekte berücksichtigt. …

Nicht erspart bleibt uns auch hier ein altbekannter Fehler: Psychische Belastungen (ISO 10075) sind kein Übel, sondern erst einmal sind sie das, wofür wir unser Hirn haben. Ohne psychische Belastungen hätten die (meisten) Menschen nichts zu tun. Schädlich sind dagegen Fehlbelastungen. Auf den 75 Seiten des Leitfadens kommt “Fehlbelastung” zwei mal vor. Aber Belastung ist auch nicht so sehr das Thema, sondern die Belastungswirkung, also Beanspruchung. Auch psychische Beanspruchung ist zunächst nichts Schlechtes. Ein Problem dagegen sind Fehl__________. Na, haben Sie es erraten?

Inhalt des mit Vorsicht durchaus lesenswerten Leitfadens (http://static.dgfp.de/assets/publikationen/2011/Umgang-mit-psychischer-Beanspruchung-Leitfaden.pdf):

Vorwort 5

1. Stress, Burn-out und Co. – psychische Belastungen in der modernen Arbeit
(Anke Palumbo, Volker Weissinger) 7

2. Psychische Belastungen und psychische Beanspruchungen 10
2.1 Belastungen sind nicht gleich Beanspruchungen (Christel Hoyer) 10
2.2 Psychische Belastungen und psychische Erkrankungen (Thomas Langhoff)12

3. Belastende Situationen und psychische Beanspruchungen – das Konzept17
3.1 Zusammenhänge (Sascha Armutat) 17
3.2 Akteure und deren Aufgaben 19
3.3 Überblick über präventive und akute Maßnahmen 22

4. Umgang mit psychisch beanspruchten Mitarbeitern – ein Leitfaden für Führungskräfte
25
4.1 Rollenklärung – individuelle Vorbereitung der Führungskraft (Sascha Armutat) 25
4.2 Psychische Belastungen und Beanspruchungen wahrnehmen (Sascha Armutat)26
4.2.1 Indikatoren für psychisch belastende Arbeitssituationen 26
4.2.2 Indikatoren für psychisch beanspruchte Mitarbeiter 27
4.3 Psychisch beanspruchte Mitarbeiter ansprechen (Christel Hoyer, Ferdinand Leist) 29
4.3.1 Anlass des Gesprächs. 30
4.3.2 Ziel des Gesprächs. 30
4.3.3 Gesprächsvorbereitung 31
4.3.4 Gesprächsdurchführung 33
4.4 Was folgt nach dem Gespräch – weitere Schritte und mögliche Eskalationsstufen
(Sascha Armutat) 34
4.5 Präventive Maßnahmen initiieren 38
4.5.1 Maßnahmen der Arbeitsgestaltung (Thomas Langhoff; Marcel Temme).38
4.5.2 Kompensationsmöglichkeiten bei psychisch belasteten Mitarbeitern (Thomas
Langhoff) 40

5. Hintergrundwissen: Rechtliche Grundlagen zum Umgang mit psychisch belasteten
Mitarbeitern (Christoph Beyer, Irmgard Henseler-Plum).43

6. Unternehmensbeispiele 46

6.1 Deutsche Annington Immobilien GmbH: Erste Schritte eines Pilotprojekts
(Elke Nippold-Rothes, Thomas Rauhe) 46
6.2 Psychische Gesundheit bei E.ON: „Sich und andere gesund führen“ (Uwe Nickel)47
6.2.1 Einleitung47
6.2.2 Planung und Auftakt47
6.2.3 Psychische Gesundheit: Beruf, soziales Umfeld und Persönlichkeit 48
6.2.4 Information und Antistigmatisierung 49
6.2.5 Sensibilisierung und Training von Führungskräften 50
6.2.6 Ausblick 52

7. Schlusswort 53

8. Anhang 54
8.1 Das Belastungs-Beanspruchungs-Modell und die DIN EN ISO 10075-1 (Thomas
Langhoff) 54
8.2 Employee Assistance Program (EAP) in Zusammenarbeit mit einem externen
Dienstleister – das Beispiel der Polysius AG 57
8.3 Einsatz von Verfahren zur Analyse von Belastungen (Anke Palumbo, Volker
Weissinger).61
8.3.1 Allgemeine Hinweise für den Einsatz von Analyseverfahren 61
8.3.2 Analyseverfahren.63
8.4 Literaturverzeichnis.65
8.5 Ausgewählte Kontaktstellen66
8.6 Abbildungsverzeichnis 69
8.7 Kopiervorlagen „Vorbereitung auf das Gespräch“ 69

Vorsicht: Eine Führungskraft ist kein Therapeut. Daran sollten Mitarbeiter denken. Von der Thematik her haben sie auch ein Recht, dass ein Arbeitnehmervertreter bei dem im Leitfaden geführten Gespräch mit psychisch beanspruchten Mitarbeitern (und insbesondere mit psychisch fehlbeanspruchten Mitarbeitern) mit dabei ist. In jedem Fall sollte vorher ein Gespräch über die Arbeitsbedingungen stattfinden. Die sind in der Gefährdungsbeurteilung beschrieben. Oder etwa nicht?

Beispiele für problematische Aussagen in diesem Leitfaden für Führungskräfte:

… Strukturelle Ressourcen aufbauen

Neben den individuellen Ressourcen haben auch Unternehmen als soziale Systeme die Möglichkeit, strukturelle Ressourcen bereitzustellen. …

Da haben die Personalführer von der DGFP etwas durcheinandergebracht. Es geht um Pflichten, nicht nur um Möglichkeiten. Schon viel richtiger ist: Neben der Bereitstellung individueller Ressourcen haben die Arbeitgeber die Pflicht zur Verhältnisprävention, z.B. mit der Bereitstellung struktureller Ressourcen. Mit Respekt für das Arbeitsschutzgesetz (und für Niklas Luhmann) lasse ich die “sozialen Systeme” hier mal besser weg. Hier geht es um konkrete Arbeitgeber, die auch sehr konkret zur Verantwortung gezogen werden können.

… Fehlbeanspruchungsfolgen frühzeitig erkennen.

Vorliegende Fehlbeanspruchungen sollten möglichst frühzeitig erkannt werden, um intervenieren und präventive Maßnahmen einleiten zu können. Es empfiehlt sich zum Beispiel, Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen, die psychische Belastungen und Beanspruchungen gleichermaßen berücksichtigen. …

Nein, eine Gefährdungsbeurteilung empfiehlt sich nicht, sondern sie ist vorgeschrieben. (In Betrieben mit Arbeitnehmervertretungen bestimmen die Arbeitnehmervertretungen mit, wie die Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wird.) Fast schon dreist ist “Gefährdungsbeurteilungen …, die psychische Belastungen und Beanspruchungen gleichermaßen berücksichtigen”. Richtig ist dagegen, dass der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln hat, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend. Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch (1) die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes, (2) physikalische, chemische und biologische Einwirkungen, (3) die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit, (4) die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken und (5) unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten.

 


2011-08-03:

http://www.inqa.de/Inqa/Navigation/Themen/stress,did=258432.html?view=renderPrint

3.8.2011

… Das 75-seitige PraxisPapier der DGFP “Mit psychisch beanspruchten Mitarbeitern umgehen – ein Leitfaden für Führungskräfte und Personalmanager” zeigt die Zusammenhänge von belastenden Situationen und psychischen Beanspruchungen auf und erläutert Schritt für Schritt die Vorbereitung und Durchführung eines Mitarbeitergesprächs. Darüber hinaus bietet der Leitfaden rechtliches Grundlagenwissen, zwei Unternehmensbeispiele und verschiedene Materialien und Serviceinformationen. …

 
Verwechslungsgefahr: Wenn Sie Kein Stress mit dem Stress – Lösungen und Tipps für Führungskräfte und Unternehmen von der BKK suchen, dann gilt dieser Link: http://blog.psybel.de/kein-stress-mit-dem-stress/


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