Psychoseprävention

Dienstag, 14. Juni 2011 - 07:45

http://www.asu-arbeitsmedizin.com/gentner.dll?AID=315291&MID=30010&UID=7F91E79C1232A0AD225BE52FF53944C60141E4BF5E22FC15

In den letzten 10 Jahren entstanden eine Reihe von Früherkennungszentren, spezialisiert auf das Erkennen von Frühformen psychotischer Erkrankungen. Deren, in Studien als prädiktiv erkannte Kriterien sollen hier vorgestellt werden, sowie eine Checkliste ERIraos Early Recognition Inventory, erarbeitet von dem Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim und dem FETZ Köln (www.fetz.org) i. R. des Kompetenznetz Schizophrenie für ein erstes Screening, welche über www.asu-praxis.de heruntergeladen werden kann.

In der PDF-Datei, die über die Webseite zu erreichen ist, ist auch von “Erfassung von berufsbedingten Stressoren” die Rede. Das ist nicht ganz richtig, denn die “Checkliste ERIraos Early Recognition Inventory” erfragt (“Fühlen Sie sich phasenweise von anderen ganz besonders beobachtet, verfolgt oder bedroht? Versucht irgendjemand, Ihnen absichtlich Schaden zuzufügen?”) mögliche Stressfolgen bei Individuen und scheint damit eher der Verhaltensprävention (z.B. Früherkennung schizophrener Psychosen) zu dienen, als der Verhältnisprävention.

Verhaltensprävention ist aber nicht die Aufgabe von Arbeitgebern; zumindest muss der Schwerpunkt des Gesundheitsmanagements auf der Verhältnisprävention liegen. Bevor (wenn überhaupt) solche Checklisten in einem Unternehmen eingesetzt werden, muss zuvor im ganzheitlichen Arbeitsschutz ein gute Prozess der Verhältnisprävention mitbestimmt implementiert worden sein, bevor man sich an die Verhaltensprävention heranwagt.

Wie ein ordentliches Verfahren zur Verhältnisprävention aussieht (dass nicht Stressfolgen, sondern wirklich Stressoren erfasst), wird am Beispiel des ISTA deutlich. Am individuellen Mitarbeiter verhaltensorientiert ansetzende Psychoseprävention kann eine von Arbeitgebern freiwillig unterstützte Leistung an die Mitarbeiter sein. Aber davor haben die Arbeitgeber mit Verhaltensprävention jene Fehlbelastungen an der Quelle zu erkennen und zu bekämpfen, die psychoreaktiv zum Entstehen von Psychosen beitragen können. Individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen.

Gibt es in einem Unternehmen keinen ganzheitlichen Arbeitsschutz mit Gefährdungsbeurteilungen, in die die von den Arbeitsbedingungen ausgehenden psychisch wirksamen Belastungen (von den Arbeitnehmern mitbestimmt einbezogen) zur Verhältnisprävention wurden, dann fehlt eine wichtige Voraussetzung für das Vertrauen der Mitarbeiter in Maßnahmen zur Verhaltensprävention. Hier müssen Arbeitnehmervertretungen sehr aufmerksam hinsehen, damit die Persönlichkeit der Mitarbeiter geschützt und ihre Rechtsposition gegenüber dem Arbeitgeber nicht geschwächt wird.

Ein Weg zur von Arbeitgebern geförderten Verhaltensprävention, dem Arbeitnehmervertreter zustimmen können, ist die Nutzung von Dienstleistungen bei Ärzten und Kliniken, mit denen Arbeitgeber einen entsprechenden Dienstleistungsvertrag abschließen und an die sich Mitarbeiter wenden können, ohne dass der Arbeitgeber davon weiß. Soweit mir bekannt ist, gibt es dass beispielsweise bei Daimler.


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