Politikberatung

Dienstag, 8. März 2011 - 20:40

Im Artikel “Arbeitsschutz ist ein vorgeschriebenes Element der betrieblichen Gesundheitsförderung” machte ich ziemlich deutlich, dass sich das Bundesgesundheitsministerium bei der Erstellung einer Broschüre vermutlich durch Arbeitgeber beraten ließ. Deswegen vermuten Sie als ehrenwerter Leser meines Blogs vielleicht, dass ich als verbohrter Gewerkschafter wieder einmal das Klischee vom unredlichen Arbeitgeber bemühe. Das ist aber nicht so. Nicht die Arbeitgeber sind unredlich, sondern sie sind einfach schlauer, als die von ihnen beim Schreiben von Gesetzvorlagen Beratenen. Meine Kritik richtet sich nicht gegen Lobbyisten, sondern gegen die Dummheit derer, die sich von Lobbyisten beeindrucken lassen. Wie andere Menschen auch, machen Lobbyisten, was man sie machen lässt.

Dazu eine kleine Geschichte. In den frühen 80gern verkaufte ein Freund von mir einen der ersten Laptop-Computer (TRS 80 Model 100) an eine Bank, die damit Kreditberatung direkt im Kundenwohnzimmer machen wollte. Ich entwickelte das Programm dafür und entdeckte dabei, dass bei der Berechnung des Effektivzinssatzes verschiedene Geldflüsse mit verschiedenen Gewichtungen in die Formel zur Effektivzinsberechnung eingingen. Der Effektivzins hing also davon ab, wie sich der Geldfluss beispielsweise auf Zins, Tilgung und Gebühren verteilte. So lassen sich für gleiche Geldflüsse unterschiedliche Effektivzinssätze gestalten. Da ich damals noch naïv an die Überzeugungskraft der Vernunft glaubte, bat ich ein Bundesministerium (ich weiß nicht mehr genau, ob für Wirtschaft oder für Finanzen), mir zu erklären, wieso eine derart manipulierbare Berechnungsmethode sich in ein Gesetz verirren konnte, zumal die Bank intern ein anderes Verfahren einsetzte, dem sie mehr vertraute. Die mich damals noch überraschende und gleichfalls naïve Antwort des Ministeriums: Die Berechnungsformel könne nicht falsch sein, da bei ihrer Entwicklung die Banken mitgewirkt hatten.

In wackerer Fortsetzung meiner Naïvität bot ich der Bank an, auch das von ihr intern benutzte Berechnungsverfahren als Option in das Programm einzubauen, damit man Kunden ehrlich beraten könne. Die Bank zeigte dafür jedoch eher wenig Interesse, weil diese Option nicht den gesetzlichen Vorschriften entspräche, nach denen man sich (leider!) zu richten habe.


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