Aufbewahrungspflicht für Gefährdungsanalysedokumente

Samstag, 27. Februar 2010 - 19:17

https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=10213

Petition: Betrieblicher Arbeitsschutz – Aufbewahrungspflicht für Gefährdungsanalysedokumente (Gefahrstoffverordnung) vom 22.02.2010 (Angela Vogel)

Text der Petition

Der Deutsche Bundestag möge die Bundesregierung beauftragen,
1. die Pflicht für Arbeitgeber wieder in der GefahrstoffVO zu verankern, die Dokumentation der betrieblichen Gefährdungsanalysen und der Gesundheitsschutzmaßnahmen für ihre Beschäftigten drei Jahrzehnte lang aufzubewahren;
2. gesetzlich zu regeln, die Dokumentationen auf langlebigen Datenträgern anschließend bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin für Beweissicherungszwecke und die Forschung zu archivieren

Begründung

Die vom Verordnungsgeber 2004 ausgesetzte Pflicht zur Aufbewahrung der Dokumentationen der betrieblichen Gefährdungsanalysen und Schutzmaßnahmen hat gravierende Folgen. Sie
a) verletzt die Übereinkunft Nr. 170 der ILO von 1990, die auch die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert hat.
b) unterläuft alle staatlichen (u.a.) Kontrollen, ob die Unternehmen ihren Verpflichtungen tatsächlich nachkommen, die Gefährdungen in ihren Betrieben zu dokumentieren und ihre MitarbeiterInnen davor – oft genug auch sich selbst – angemessen zu schützen.
c) stellt Beschäftigte, die mutmaßlich arbeitsbedingt erkrankt sind, noch viel weit gehender beweislos als zuvor. ArbeitnehmerInnen können die beruflichen Ursächlichkeiten ihrer Erkrankungen/Gesundheitsschäden nicht nachweisen, weil die Dokumentationen ihrer Arbeitsplatzgefährdungen vernichtet sind. Bei Erkrankungen mit langen Latenzzeiten wie bestimmten Krebsarten ist das besonders bedrückend.
d) verletzt einmal mehr das Rechts- und Sozialstaatsprinzip. Die fehlende Aufbewahrungspflicht stellt geschädigte ArbeitnehmerInnen chancen-los, a) ihre Rechte verwirklichen (Rechtsstaatsprinzip) und b) den Schutz der (sozialstaatlichen) Gesetzlichen Unfallversicherung (Sozialstaatsprinzip) tatsächlich erhalten zu können.
e) be- und verhindert die toxikologische und fachmedizinische Forschung. Kausalitäten zwischen betrieblichen Einwirkungen und Gesundheitsschäden sind empirisch kaum mehr zu rekonstruieren. Die Datenbasis fehlt oder ist zu klein.
f) be- und verhindert die rechtliche Vorgabe der Weiterentwicklung des geltenden Berufs- und Arbeitsunfallrechts. Neue Erkenntnisse über industriell produzierte und/oder verwertete Substanzen und Zubereitungen können entweder gar nicht oder nur mit sehr viel mehr Kosten- und Zeitaufwand gewonnen werden.
g) verstärkt die Schutzverweigerungen der GUV und damit den sozialstaatlich schon zuvor kaum zu vertretenden Kostentransfer für betrieblich verursachte Gesundheitsschäden. Es werden die anderen Sozialversicherungen finanziell noch mehr belastet, d.h. vor allem die Gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung, aber auch die Kommunen und die Bundesanstalt für Arbeit im Bereich von ALG II (HARTZ IV).

Wichtig ist so eine Aufbewahrung auch wegen der möglichen Langzeitfolgen psychischer Fehlbelastungen. Was sich allerdings bei vielen Unternehmen ziemlich einfach nachweisen lässt, ist das komplette Fehlen des Einbezugs psychischer Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung.


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